Die Kanten, die das Licht zuvor auf seine Skulpturen zeichnete, stellt er jetzt mit zeichnerischen Mitteln her und umgeht dennoch die traditionelle Vorstellung von Zeichnung. […] Zunächst waren es A4-Formate, die er mit mehreren Lagen Graphit bedeckte, so dass eine von der Struktur des Papiers belebte, haptisch wirkende Oberfläche entstand. Zu sehen sind weiße oder – im Fall von Überlagungen – graue Linien, die durch die Unterbrechung der waagerecht durchgezogenen Linien entstehen. Wenig später experimentiert er mit helleren und dunkleren Flächen, die amorph ineinander übergehen wie sich langsam abzeichnende Raumabschnitte am frühen Morgen.
Überliefert ist der Ausspruch von Paul Cézanne, dass es in der Natur keine Linien gebe. Dieser naturwissenschaftliche Tatsache zollen auch die Vertreter der Schule von Barbizon, George Millet, und der Impressionist George Seurat Respekt, deren Zeichnungen vor allem aus Modulation verschiedener Grau- und Schwarzwerte bestehen. Kein Wunder also, dass Malte Spohr eben solche Werke schätzt.
Carmela Thiele Malte Spohr in: KUENSTLER Kritisches Lexikon der Gegenwartskunst, Ausgabe 94, Heft 14, 2. Quartal 2011